Das SIGUV-Rechenzentrum - Top-effizient bei voller Auslastung

Das von der HDP GmbH betriebene SIGUV-Rechenzentrum im rheinhessischen Alzey hat seine Kapazitäten in diesem Jahr verdoppelt. Mit den Modulen 3 und 4 startet der Standort in eine neue, zukunftsweisende Phase. Wir sprachen mit HDP-Geschäftsführer Marcus May und den Projektleitern Willi Scheld und Stefan Reck über die Herausforderungen des Ausbaus sowie über gegenwärtige und zukünftige Projekte.

Herr May, das Rechenzentrum hat der SIGUV-Geschäftsstellenleiter Klaus Jacob vor einigen Monaten als Erfolgsgeschichte bezeichnet. Was macht es in Ihren Augen zu einem besonderen Modell in der IT-Infrastruktur?
 
Marcus May: Der Erfolg hat mehrere Komponenten. Zum einen sicherlich, dass wir dort schon seit dem Bau im Jahr 2018 unsere IT-Kräfte gebündelt haben. Es handelt sich schließlich um mehrere Träger, die unter einem Dach gemeinsam ihre Serverlandschaften betreiben.
 
Zum anderen stellen wir die nötige Infrastruktur bereit: Kühlung, Strom, das großartige Team um Herrn Scheld und Herrn Reck sowie die entsprechenden Sicherheitskonzepte. Das Rechenzentrum ist nach TSI-Kriterienkatalog auf Level 3 und der Norm 27001 für Informationssicherheitssysteme zertifiziert.

NL_RZPOWER_SCHELD.jpgWilli Scheld: Diese Zertifizierung haben wir unseren Bemühungen zu verdanken, die bestehenden Einrichtungen und Prozesse stetig zu optimieren. Insgesamt wird unser Angebot gut nachgefragt und das Rechenzentrum nicht ohne Grund ausgebaut. Es ist also völlig korrekt, es als Erfolgsgeschichte zu bezeichnen.
 
Ein Erfolg war auch das Pilotprojekt mit der UK Hessen, die komplett auf Cusa C5 migriert ist. Gibt es ähnliche Pläne mit weiteren Unfallkassen?

Marcus May: Natürlich! Da sind wir beim Thema „Software as a Service“ und in dem Zusammenhang ist Cusa Prime ein maßgeschneidertes Produkt von HDP für Unfallkassen. Das haben wir auch beim Neubau im Blick und ausreichend Platz reserviert, um dieses Angebot noch weiter auszubauen. Bisher nutzt es die UK Hessen, in Zukunft werden noch die KUVB und die VG Plus dazukommen – im November 2026 und im ersten Quartal 2027, um genau zu sein.

Sie sprechen es gerade an: Die Nutzerbasis wächst kontinuierlich. Wie hat sich dadurch das Profil des Rechenzentrums über die Jahre hinweg verändert?

Marcus May: Am Anfang stand die Anforderung, einen sicheren Standort anzubieten, der durchgehend verfügbar ist. Die grundlegenden administrativen Aufgaben, also auch den Betrieb der Maschinen, übernehmen die Träger selbst.

Bisher stellen wir nur die Infrastruktur, aber inzwischen kommen häufiger Anfragen nach Mehrdienstleistungen, die darüber hinausgehen. Das umfasst systemische Überwachung, die Administration von Netzwerken, Sicherstellung von Backups, also auch mehr Verantwortung für HDP.
 
Unsere eigene IT-Abteilung ist dafür gut aufgestellt. Da wird herausragende Arbeit in den Punkten Serverbereitstellung und -administration, Netzwerktechnologie und Cybersicherheit geleistet. Das können wir alles eigenverantwortlich auf die Beine stellen und benötigen nur ganz selten Unterstützung durch externe Dienstleister.
 
Was für neue Anforderungen bringen die angekündigten Dienste im Software as a Service-Bereich also SaaS mit sich?
 
Marcus May: Grundsätzlich ging es darum, dass wir die Betriebsverantwortung übernehmen. Für Online-Banking oder -Shopping müssen Sie in der Regel ebenfalls nichts installieren, sondern können das über Ihren Webbrowser erledigen. Genau so unkompliziert funktioniert unsere Software-Produktreihe Cusa.
 
Die Kunden sind per VPN oder das CNUV – das sichere Netz der DGUV – mit Alzey verbunden. Sie starten die Anwendung und gelangen nach Anmeldung direkt in die Software-Umgebung. Diese wird von uns je nach Bedarf der Kunden gestaltet und gepflegt. Der Umfang der Dienstleistungen wird jeweilig vereinbart und reicht von Backup-Sicherung bis zum durchgehenden Monitoring.

Also wird die Handhabung für die Kunden einfacher, die Organisation und Koordination für Sie aber komplexer?

Marcus May: Sowohl als auch – interessanterweise! Cusa gestalten wir komplett selbst und müssen uns in dieser Hinsicht nicht an die einzelnen Gegebenheiten anpassen. Insofern ist es in dem Punkt tatsächlich mehr Arbeit auf unserer Seite geworden, die wir aber bei der Koordination und Organisation einsparen.

Beim Bau des Rechenzentrums im Jahr 2018 wurden bereits Fundamente für künftige Module gelegt. Wie sehr zahlt sich diese vorausschauende Planung heute konkret aus?
 
Stefan Reck: Tatsächlich wurde damals an die Zukunft gedacht und das Rechenzentrum modular aufgebaut. In der Bauphase verdoppeln wir die Zahl der Module von zwei auf vier und können die damaligen Vorbereitungen effektiv ausnutzen.
 
NL_RZPOWER_Reck.jpgEs wurden nämlich nicht nur die Fundamente vorbereitet, sondern auch die Versorgungswege so ausgelegt, dass sie bei Bedarf erweitert werden können. Wir stellen heute Technik in vorbereitete Versorgungsräume, legen Glasfaserkabel in Leerrohre und können bereits vorhandene Frischwassertanks und Pumpenräume nutzen. Dadurch sparen wir heute Kosten und profitieren alle von der vorausschauenden Planung der SIGUV-Gemeinschaft.
 
Wie stellen Sie sicher, dass beim Ausbau die Funktionsfähigkeit des Rechenzentrums gewährleistet ist?
 
Stefan Reck: Das ist in der Tat eine Herausforderung. Wir haben schon in der Ausschreibungsphase für die Erweiterungen darauf hingewiesen, dass wir nicht auf der grünen Wiese und somit während eines operativen Betriebs bauen.
 
Das macht es für unsere Lieferanten und Partner nicht einfach und fängt bei ganz trivialen Sachen an, wie der Anlieferung des Materials. Außerdem können Sie nicht mit einem Kran über ein operatives, in Betrieb stehendes Rechenzentrum schwenken. Das geht weiter bei der täglichen Kontrolle der Bauarbeiter, die sich jeden Morgen einen Ausweis abholen müssen, um in bestimmte Gebäudebereiche zu gelangen. Diese scharfe Abgrenzung in Richtung der operativen Sicherheitsbereiche obliegt uns und unserem Sicherheitsdienst hier in Alzey.
 
Wir hatten in der gesamten Bauphase keine einzige Störung des operativen Betriebs. Die vorhergehende Risikoanalyse hat sich also ausgezahlt.

Inwiefern berücksichtigen Sie beim Ausbau des Rechenzentrums die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz?

Marcus May: Sehr! Wir werden auf dem Dach des HDP-Verwaltungsgebäudes eine Photovoltaikanlage installieren, die ab 2026 in der Lage sein wird, einen Beitrag zur Stromversorgung des Rechenzentrums zu leisten. Zudem kalkulieren wir die Strombedarfe einzelner Komponenten und informieren auch Kunden darüber, wenn wir einen Austausch überholter Technik für sinnvoll erachten. Es gibt also verschiedene umweltschonende Maßnahmen, vor allem beim Energiemanagement.
 
Wie fügt sich das Rechenzentrum generell in die langfristige Digitalstrategie der SIGUV ein? Eher als Infrastrukturplattform, oder auch um Innovationen anzustoßen?
 
Marcus May: Sowohl als auch. Derzeit haben wir die meisten Themen noch in unserer eigenen Hand, aber in Zukunft werden wir Dienstleistungen aus Cloud-Optionen beziehen. Da werden wir mit einer Mischstrategie arbeiten, insgesamt aber immer mehr Grafikkarten- und Prozessorleistung als Service einkaufen. Ansonsten stoßen wir schnell ans Ende unserer Stromkapazitäten.

Blicken wir doch noch weiter in die Zukunft: Was wünschen Sie sich für das Rechenzentrum in fünf Jahren?

Marcus May: Ich bin ganz ehrlich: Solange wir keine Sicherheitsvorfälle, keine umweltverursachten Schäden oder sonst irgendeine Katastrophe erleben, das Rechenzentrum also ganz normal und ungestört in Betrieb bleibt, bin ich schon zufrieden.
 
NL_RZPOWER_MAY2.jpgWas den strategischen Ausbau betrifft, geraten wir mit dem aktuellen Ausbau an die Grenzen unserer Grundstückskapazität. Da können wir nur noch den Weg nach oben wählen oder müssen neue Grundstücke erwerben. In diesem Punkt ist die weitere Zusammenarbeit in UV Nexus, der Kooperation der Unfallversicherungsträger, sicher eine spannende Option, da gegebenenfalls auch über den Zusammenschluss von Rechenzentren entschieden werden kann. Welchen strategischen Schwerpunkt Alzey in so einem Fall in fünf Jahren haben könnte, kann ich jetzt nicht beantworten. Gelegen in einer tollen Region mit guten Möglichkeiten zur Personalrekrutierung ist Alzey auch innerhalb der Kooperation sicher ein attraktiver Standort. HDP wird sein Angebot in jedem Fall ausbauen und verbessern. Ich freue mich insofern sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen und natürlich auch mit unseren Kunden. 

Willi Scheld: Ich sehe das ähnlich. Mit dem Ausbau des Rechenzentrums und dem Austausch der älter werdenden Technologien werden wir den Betrieb nicht nur stabil halten, sondern weiterhin optimieren. Damit werden wir uns auf wünschenswerte Weise verbessern.
 
Stefan Reck: Ich wünsche mir, dass wir auch in fünf Jahren so zufriedene Kunden wie heute haben. Für uns alle hat sich die damalige Entscheidung der SIGUV zur Zentralisierung der IT-Infrastruktur gelohnt. Wir bieten unseren Kunden bis zu 80 Dienstleistungen an und sorgen für maximale Zufriedenheit. Um dies dauerhaft zu gewährleisten, brauchen wir natürlich auch weiterhin das nötige Investment in neue Technologien.
 
Wir sind eines der energieeffizientesten Rechenzentren in Europa, wenn nicht sogar der ganzen Welt. Unser PUE (Power Usage Effectiveness) liegt unter 1,17. Mein Wunsch ist es, dass das so bleibt oder sogar noch besser wird – zu unser aller Zufriedenheit. 

SMK