Immer auf dem neuesten Stand – ein Jahr mit der SIGUV KI Community

Künstliche Intelligenz verändert in bahnbrechender Geschwindigkeit altbekannte Arbeitsweisen. Entsprechend viele Neuigkeiten gibt es bereits ein gutes Jahr nach ihrer Gründung aus der SIGUV KI Community (KIC) zu vermelden. Wir trafen uns mit ihrem Leiter Dr. Johannes Hüdepohl zum Gespräch über aktuelle Entwicklungen und die nächsten Schritte.

Dr. Johannes Hüdepohl, Leiter Controlling BG ETEM und Leiter der SIGUV KIC
Dr. Johannes Hüdepohl, Leiter Controlling BG ETEM und Leiter der SIGUV KIC
Ziele und Aufgaben der Community

„Die KIC will gemeinsame Standards etablieren und kontinuierlich weiterentwickeln“, erklärt Dr. Hüdepohl die grundlegenden Ziele der Community. Als Grundlage dienen dabei die bereits produktiv eingesetzten KI-Lösungen der BG ETEM, aber auch Erkenntnisse und Produkte anderer Träger.
 
„Wir koordinieren die internen KI-Aktivitäten der SIGUV und sorgen für eine einheitliche externe Kommunikation dazu“, fasst der Leiter der Community einen wichtigen Aspekt ihrer Arbeit zusammen, betont aber auch die Vielfalt der Kernaufgaben: “Strategische Planung, Identifikation neuer Anwendungsfälle, Technologieauswahl, Datenmanagement, Schulung und Forschung gehören dazu. Letztendlich ist es das Ziel, KI-Expertise trägerübergreifend zu bündeln und nutzbar zu machen, Synergien zu identifizieren sowie Ressourcen effizient einzusetzen.“
 
Roadmap und Austauschformate

Seit der Gründung findet mindestens einmal im Monat ein Treffen per Videokonferenz statt. „Wir haben uns dieses Jahr aber auch schon drei Mal für jeweils zwei Tage in Präsenz getroffen“, ergänzt Dr. Hüdepohl. Neben der Bestandsaufnahme der bestehenden KI-Lösungen ging es auch um die Erarbeitung einer jetzt fertiggestellten Roadmap, die intern Orientierung und Struktur schafft, sowie alle Aktivitäten transparent darstellt.

Aktuelle Pilotprojekte in der SIGUV

Aktuell werden bereits bestehende KI-Lösungen aus dem Hause der BG ETEM für die gesamte SIGUV-Gemeinschaft nutzbar gemacht. „Das erfolgt in mehreren Teilprojekten, die zum Teil bereits angelaufen sind oder demnächst anlaufen“, gibt Dr. Hüdepohl einen Überblick. „Konkret geht es um die KI-basierte Unfallkodierung UADOK+ für die Nutzung in Cusa Prävention und eine KI-Lösung für Regressfälle, die in Cusa Regress angebunden wird, beide Anwendungen bei der HDP GmbH, sowie für die BG Verkehr die Implementierung der Anwendung RehaPlus, die dank KI Reha-Management-Fälle frühzeitig erkennt.“
 
Außerdem steht für Anfang 2026 ein Workshop auf dem Programm, in dem die Chatbot-Aktivitäten der Träger betrachtet werden. „Dabei ist es das Ziel, ein gemeinsames Verständnis des Themas zu entwickeln und Synergien zu erkennen“, erklärt Dr. Hüdepohl mit Blick auf die kommenden Aktivitäten. „Wir haben uns das Ziel gesetzt, agentische KI gemeinsam in den jeweiligen Fachprozessen umzusetzen.“
 
Fehlertoleranz liegt idealerweise bei Null

Das Erfüllen dieses Ziels wird zu weithin sichtbaren Ergebnissen führen, ist sich der KIC-Leiter sicher: „Meiner Einschätzung nach werden die kommenden Chatbots und agentischen KI-Anwendungen, die in die Kommunikation sowie Interaktion mit den Mitgliedsbetrieben und Versicherten eingebunden sind, eine spürbare Auswirkung und auch Außenwirkung haben.“
 
Dieser direkte Austausch mit einer KI wird zu unmittelbaren Ergebnissen für alle Beteiligten führen und ist deswegen mit hohen Anforderungen verbunden. „Er muss als vollkommen vertrauensvoll wahrgenommen werden. Die Fehlertoleranz liegt idealerweise bei Null“, bekräftigt Dr. Hüdepohl.

UV Nexus erweitert den Fokus

Ganz neue Möglichkeiten werden sich durch die Kooperation UV Nexus ergeben, an der die in der SIGUV vertretenen Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und Dienstleister beteiligt sind. Dr. Johannes Hüdepohl ist im Rahmen von UV Nexus Mitglied des Arbeitskreises (AK) KI Prozessautomatisierung (PAUT) und kann bereits von einigen Vorteilen berichten: „Zu einem großen Teil sind die Mitglieder des AK personenidentisch mit jenen der KIC, wodurch gewährleistet wird, dass es keinen Informationsverlust gibt, die Wege kurz sind und effizient gearbeitet werden kann.“

Der Fokus wird aber natürlich auch über die Kooperationsmitglieder hinaus gefasst und hat die Kompatibilität der Anwendungen sowie Daten mit anderen Verwaltungen in der Sozialversicherung, wie der landwirtschaftlichen Sozialversicherung SVLFG, im Blick. „KI-Modelle sind grundsätzlich sehr verallgemeinerungsfähig und gut zur Nachnutzung geeignet,“ erklärt Dr. Hüdepohl. Die Herausforderung liege eher in der Anbindung an bereits vorhandene Strukturen. „Die jeweiligen hinterlegten Fachprozesse unterscheiden sich mitunter stark voneinander und müssen gut verstanden werden, damit sie durch KI gut unterstützt werden können. In der Praxis ist das die Hauptherausforderung.“

Popularität von generativer KI wichtiger Impulsgeber
 
GRAFIK_NL_KIC_ROADMAP.jpgIn der aktuellen Popularität von generativer KI erkennt Dr. Hüdepohl einen wichtigen Impulsgeber. „Umso wichtiger ist es, das komplette KI-Spektrum im Auge zu behalten. Schließlich gibt es noch das klassische Machine Learning, das regelbasiert über Entscheidungsbäume funktioniert und durchaus viele Anwendungsmöglichkeiten findet.“
  
Welche KI-Herangehensweise den meisten Mehrwert schafft, muss stets abgewogen werden, fährt der Leiter der KIC fort. „Ansonsten sehe ich das Risiko, dass alle Anforderungen, um bildlich zu sprechen, mit dem generativen KI-Hammer gelöst werden sollen. Deswegen haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Balance zu wahren um somit bedarfsgerechte Lösungen zu entwickeln.“

Nutzen generativer KI im Arbeitskontext

Aktuelle Studien, die durch die Unternehmensberatung McKinsey und das Harvard Business Review in Auftrag gegeben wurden und den Nutzen generativer KI im Arbeitskontext bezweifeln, können Dr. Hüdepohl dank dieses breiten Fokus nicht aus der Ruhe bringen: „Ich denke, dass die Erwartungen durch den anfänglichen Hype etwas zu hoch gesteckt wurden. Entsprechend tritt jetzt nach einiger Praxiserfahrung Ernüchterung ein.“
 
Trotzdem sieht er weiterhin Potenzial in der Technologie, „auch wenn die KI mal halluziniert oder etwas nicht richtig macht. Es kommt auf den Kontext der Nutzung an.“
 
Nach etwas über einem Jahr als Leiter der KIC zieht Dr. Hüdepohl auch für sich persönlich ein positives Fazit: „Die Aufgabe ist anspruchsvoll und zeitlich fordernd, bereitet mir zugleich aber viel Freude. Dies ist nicht zuletzt allen Beteiligten zu verdanken, die sich sehr konstruktiv einbringen. Die Arbeit an gemeinsamen Zielen und der ständige fachliche Austausch erweitern stetig den Horizont.“

SMK